Gastbeiträge von Rose Marie Dähncke

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Unser ganz persönlicher Bankraub

Nein, nein, wir haben die Bank nicht ausgeraubt; sie hat uns ausgeraubt.

Gern würde ich die Bank benennen, aber dann ist man mir vielleicht böse. Nenne ich sie nicht, sind mir vielleicht alle unsere anderen Banken böse, weil Verdacht auf sie fällt. Da halte ich mich einfach mal ganz raus. Jedenfalls war es 1979 die namhafteste Bank am Orte, und wir waren vom ersten Tag unseres Hierseins an ihr Kunde. Damals brauchte man als Erstes ein Konto, auf das pro Person monatlich 1.500,- DM eingeführt werden mussten. Man wollte keine armen Schlucker hier haben. Auch keine bösen Buben, denn für die Erstellung der Residencia musste man ein einwandfreies Führungszeugnis vorlegen. Die Sitten waren noch strenge, die Einwanderer gut gesiebt und alles liebe Leute.

Die Bank hatte dann, enorm fortschrittlich für die damaligen Verhältnisse, sogar einige Schließfächer angeschafft, von denen wir schnellstens eines mieteten, bevor sie weg waren. Ich legte meinen gesamten Schmuck hinein, denn für das einfache Leben, dass wir derzeit noch abseits aller europäischen Einflüsse führten, musste ich mich nicht schmücken. Und Sabine hatte gerade von einer alten Tante ein paar kostbare Stücke geerbt mit erbsengroßen Brillanten, die auch nicht unbedingt herumgezeigt werden mussten. Bei der Größe der edlen Steine hätte man sowieso gedacht, es wäre Glas. Die Schließfachgebühr wurde von unserem Konto abgebucht. Im Laufe der Jahre stieg sie immer etwas, und dann hörte sie eines Tages ganz auf, aber das merkte ich erst viel später. Nämlich als es schon fast zu spät war.

Die Schließfächer wurden dann irgendwann sicherheitshalber von der Filiale in San Pedro in die Hauptzentrale in Santa Cruz verlegt. Uns war das egal, wir rührten nicht dran.

Das ging so ein paar Jahre, bis ich einmal etwas Wichtiges dazulegen wollte. Mit meinem Tresorschlüssel fuhr ich also runter nach Santa Cruz und beehrte zum ersten Mal die Bankzentrale und wurde schwer enttäuscht von dieser vorgesetzten Institution. Die Bitte, an mein Schließfach zu dürfen, wurde nämlich abgelehnt: "Wie ist Ihr Name? Sie haben hier kein Schließfach".

Ach, das war ja noch schöner. "Und der Schlüssel? Wozu passt der?"

"Das muss erst mal geklärt werden. Der zuständige Angestellte ist jetzt nicht da. Sie müssen einen anderen Tag wiederkommen".

Ich ließ mir einen Termin geben, wurde dann tatsächlich fündig und stieß auf einen verschlossen-mürrischen Angestellten, der vorliegende Papiere studierte und mir daraus erklärte: "Sie haben hier kein Schließfach".

"Und mein Schlüssel mit der Nummer darauf?"

"Mal sehen. Das gehört unserem Kunden Herrn De La Cruz".

Das schlägt doch dem Fass den Boden ins Gesicht! "Und hat er den Inhalt an sich genommen?"

"Nein, er hatte ja den Schlüssel nicht".

Welch ein Glück erst mal. "Und warum gehört das Schließfach Herrn De La Cruz?"

"Wie ich hier sehe, haben Sie seit sechs Jahren nicht mehr die Gebühren bezahlt".

Jetzt fiel es mir ein. Das war mir tatsächlich mal aufgefallen, dass nichts mehr abgebucht wurde, aber so obenhin hatte ich gedacht, sieh mal an, den langjährig treuen Kunden ist die Gebühr jetzt erlassen. "Und dann haben Sie das Schließfach nebst Inhalt einem anderen Kunden gegeben?"

"Ja, er hat die Gebühren bezahlt, bzw. haben wir sie bei ihm abgebucht".

Na das war doch der Höhepunkt und schlug noch mehr Fässern den Boden irgendwo hin. Ich geriet in Zorn. Das kommt schon mal vor, wenn ich glaube, gegen grenzenlose Idiotie ankämpfen zu müssen. "Und jetzt möchte ich in den Tresorraum und mein Schließfach öffnen! Sofort!"

"Die Schließfächer sind nicht mehr da, und der Raum ist geschlossen. Bei der letzten Hochflut stand alles unter Wasser, und wir haben sie rausgenommen".

"Und wo sind die Schließfächer jetzt?"

"Wir hatten alle Schließfachkunden angeschrieben, damit sie den Inhalt in Empfang nehmen, und jetzt haben wir keine Schließfächer mehr".

Ganz langsam und sehr drohend fragte ich: "Und wo ist mein Schließfach?"

"Sie haben hier keins. Wir haben Herrn De La Cruz angeschrieben, aber der hat sich nicht gemeldet".

"Himmeldonnerwetter" hätte ich gerne geschimpft, aber ich wusste nicht, wie man das auf Spanisch wirksam zum Ausdruck bringt. Also blieb ich notgedrungenerweise vornehm, sagte aber laut, und gemein akzentuiert: "Señor, ich hatte bei Ihnen ein Schließfach. Ich habe hier den Schlüssel und die Nummer dazu. Wenn Sie aufgehört haben, die Gebühr abzubuchen, ist das für mich kein Grund, mir den Inhalt zu enteignen bzw. einen anderen Kunden damit zu beglücken. Ich will j e t z t wissen, wo das Schließfach sich j e t z t befindet, und wie ich j e t z t an den Inhalt komme".

"Gut, ohne zu bestätigen, dass es sich um Ihr Schließfach handelt, kann ich Ihnen sagen, dass wir es aufgebrochen haben, da uns der Schlüssel fehlte und den Inhalt beim hiesigen Notariat hinterlegt haben".

"Aha, dann sorgen Sie bitte dafür, dass wir, meine Tochter und ich, dort einen Termin bekommen, um unsere Wertsachen in Empfang zu nehmen".

"Damit haben wir nichts mehr zu tun. Wir haben gegen Quittung den Inhalt dort abgegeben, und Sie müssen nun zusehen, wie Sie das handhaben wollen".

Statt danke für jegliche fehlende Hilfsbereitschaft hätte ich dieser Bank gerne etwas furchtbar Scheußliches gesagt, aber es fiel mir wieder nichts ein in ihrer Sprache. In meiner auch nicht. Was kann man dazu schon sagen.

Nach einiger Zeit hatten wir den Termin mit dem Notar, der uns erst mal in einem kleinen, geschlossenen Raum warten ließ. Als er endlich kam, brachte er zwei Büroangestellte als Zeugen mit, was die Wichtigkeit des Vorganges ahnen ließ. Einer hielt hinter seinem Rücken versteckt das, wie es schien, strittige Objekt. Der Notar, der uns eigentlich kannte, war heute echt frostig und behandelte uns eher wie einer Straftat Verdächtige. "Nun beschreiben Sie mal, wie der Inhalt des besagten Schließfaches aussieht".

Ja, wie sah der denn aus? Nach 15 Jahren, wer wusste das denn noch so genau? "Ich habe zum Glück Fotos von meinem Schmuck und den anderen Wertstücken. Das sollte doch wohl genügen?"

"Das ist nicht sicher. Beschreiben Sie doch einiges genauer".

Auch das tat ich. Die Fotos wurden ausgebreitet, und dann kam das nächste Hindernis. Wir hatten damals ganz ordentlich alles in eine von diesen Blechkassetten verschlossen, und hatten jetzt keinen Schlüssel dafür, weil uns das längst entfallen war.

"Das scheint ja doch nicht Ihr Eigentum zu sein. Das können wir Ihnen nicht aushändigen".

"Na, dann brechen Sie den Kasten doch einfach auf" verlor meine Tochter die Geduld, "ich gebe Ihnen Erlaubnis dazu. Und meine Mutter auch".

Der Notar blickte hilfesuchend seine beiden Helfer an. Denen war es egal. Sie dachten wohl ans Angeln oder sonst einen schönen Zeitvertreib. Der Notar sagte streng notarisch: "Diese Handhabe entspricht ganz und gar nicht den notariellen Vorschriften. Es kann sich ja herausstellen, dass der Inhalt Ihnen gar nicht gehört, dann habe ich fremdes Eigentum aufgebrochen und mache mich strafbar".

Ich hätte vor Wut gerne etwas geheult, aber meine Tochter mag das nicht. So blieb auch hier nur Zorn, und der ganz heftig: "Herr Notar, ich verlange, dass dieser Kasten jetzt aufgebrochen und der Inhalt mit den Fotos verglichen wird. Da ich den Schlüssel mit der richtigen Nummer besitze, die für diesen Inhalt hier angegeben ist, kann es sich ja nur um unser Eigentum handeln".

"Na gut, auf Ihre Verantwortung. Zuerst füllen Sie bitte diesen Antrag hier aus und unterschreiben alle beide hier unten. So, und dann unterzeichnen Sie bitte diese Abbuchung von Ihrem Konto über 10.000,- Peseten für notarielle Bemühungen".

Nun sollte ich tatsächlich noch um etwa 125,- DM berappt werden für das Verschulden der Bank. Ich kam nicht drum herum und musste bezahlen. Die Bank hat mir später nie diese Ausgabe ersetzt trotz mehrfacher Reklamation.

Dann wurde die Kassette aufgebrochen. Mit vielen Umständen und nicht geeigneten Gegenständen. Man war darin einfach nicht versiert. Schmuck und Wertgegenstände wurden ausgelegt. Es stimmte fast alles mit den Fotos überein, aber es lagen ein paar minderwertige Kleinigkeiten von meiner Tochter dabei, von denen keine Fotos existierten, und sofort sprang der Notar wieder an: "Das ist vielleicht gar nicht Ihre Kassette, da hat ja jemand noch etwas reingelegt, was nicht fotografiert ist".

Auch das mussten wir ihm nun lang und breit eintrichtern, dass es sicher nicht Herr De La Cruz war, der nichts herausgenommen, sondern noch etwas hineingelegt hat, dann aber keinen Schlüssel mehr dazu hatte und nicht aufgefunden werden konnte, als man die Schließfachinhaber suchte.

Er schwitzte kleine Tröpfchen. War ja auch irgendwie ein ausgewachsenes Problem. Für ihn. Unter Nichtachtung all seiner Überlegungen und Zweifel wollte er nun, bestimmt unüberzeugt von der Richtigkeit seiner Amtshandlung, doch die Angelegenheit abschließen und ließ uns endlich gehen mit unserer wertvollen Ladung.

Zufällig kannte ich diesen Herrn De La Cruz und fragte ihn eines Tages, ob er ein Schließfach bei der Bank hatte. Er sagte nein, aber er wundere sich, dass seit Jahren eine Art Gebühr von seinem Konto abgebucht würde. Er müsste das wohl mal klären.

Diese Geschichte erzählte ich dann einmal einem palmerischen Freund, ein in der Welt herumgekommener Mann, aufgeschlossen und intelligent, Vorstand bei einem Verein, Präsident bei einem anderen. Der sagte dann zu mir: "Weißt Du, Rose Marie, ein klein wenig hast Du auch selbst Schuld an dieser Misere. Du musst doch wenigstens einmal im Jahr hingehen und nachsehen, ob das Schließfach noch da ist"




Da möchte man doch mal so richtig aus sich herausgehen!!!

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Familie Ellen & Simon Märkle

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