PaulPaul kommt in die Pubertät |
Nun erzählen Sie mir bitte nicht, Katzen haben gar keine Pubertät und ein
kastrierter Kater kann so etwas schon überhaupt nicht bekommen. Mein
Weltbild war, bevor meine Tochter mir dieses Tier in Obhut gab, auch ein
anderes, viel einfacher, unkomplizierter und so richtig prächtig ja - nein,
schwarz - weiß. Damit können Männer umgehen, mehr braucht ein gesunder Alpha
Mann nicht um über jeden Konjunktiv und Sentimentalität erhaben zu sein. -
Vorwärts immer, seitwärts nimmer. Manchmal steckt man dann mit dem Kopf tief
in der Wand, aber das macht nichts, beweist das doch nur Prinzipientreue und
Konsequenz, rein männliche Werte, mit denen Frauen und Halbkater natürlich
nichts anfangen können. - Die vielen Pickel stören bei Paul weniger, die
werden von Fell ganz gut kaschiert, aber die Pubertät wird ja manchmal auch
"Die Flegeljahre" genannt und da genau liegt unser, oder eher mein Problem.
Paul redet eigentlich nicht viel, aber sicher kann man ihn deshalb noch
nicht als introvertiert bezeichnen, er erreicht durch Blicke und Taten
sowieso alles was er will. Urplötzlich springen drei erregte Frauen auf und
spurten wild um sich schlagend in die Speisekammer, (das ist dort, wo früher
mal der Speck und das Bier waren) und kommen mit irgendwelchen Döschen
zurück, auf denen appetitlich drapierte Tierkadaver ewiges Katzenglück
verheißen. "Was ist denn jetzt los?" frage ich unwissend und werde sofort
verbal bestraft: "Hast du nicht gesehen wie Paul geguckt hat, der hat doch
Hunger!" Nicht widersprechen, obwohl ich genau gesehen habe, dass das Vieh
gegrinst hat als die Frauen aufgesprungen sind, nun leckt er sich die Pfote
und irgendwie habe ich das Gefühl, dass sein Mittelzeh verdächtig
ausgestreckt in meine Richtung weist. 4.158 : 1 steht es mittlerweile in
unserer internen Frauenschickstatistik. 4.158 mal hat Paul es geschafft,
dass eine Frau wegen seines Blickes aufgesprungen ist, einmal ist es mir
gelungen, dass man mir ein Bier bringt. - Oder war das gestern Abend in der
Kneipe und ich hab dafür bezahlt?
Bin ich mal alleine mit ihm zuhause, dann gibt es nicht so einfach was zu
essen nach dem Motto, Blick und Happ. Wir haben immer viel geredet wenn wir
alleine waren, Paul und ich, besser gesagt, er ist ein guter Zuhörer und ich
ein fleißiger Redner. Mit ihm habe ich über Dinge gesprochen, für die sich
meine Frauen schon lange nicht mehr interessieren, Politik,
Brauwissenschaften, Wetterdiagramme und ob die Amerikaner wirklich auf dem
Mond gelandet sind. Als Belohnung für gutes Zuhören und anerkennende Blicke
hat es früher dann ein kleines Wurstzipfelchen gegeben und schon war unsere
kleine Welt in Ordnung. Das war vor der Pubertät, er entzieht sich immer
häufiger seiner auditiven Pflichten mir gegenüber und fängt an, sich sein
Essen selber zu besorgen. Das ist ja so ein deutliches Zeichen für die
Flegeljahre, sie fangen an, einem zu entgleiten... Mit seinen scharfen
Krallen bekommt er alle Tüten auf und ich könnte schwören, ihn neulich sogar
mit einem Dosenöffner erwischt zu haben. Ich kann es aber nicht beweisen,
just in dem Moment kamen meine Frauen mit Einkaufsbeuteln bewaffnet zurück.
Das Knistern dieser Nahrung verheißenden Tüten erkennt er schon von weitem
und dann bin ich abgesagt. Er lässt den Dosenöffner fallen und ich hebe
diesen auf, gerade als meine Frauen die Tür aufmachen. Subpubertäres ex
flagranti nennt man das und der Alte steht da und will doch tatsächlich die
Geschichte mit dem Dosenöffner erzählen. Sechs spottend mitleidige
Frauenaugen blicken mich an und Paul leckt sich schon wieder an der Pfote...